Sie gehört zu den besten Bands der Gegenwart, die kanadische Indie-Rock-Band Arcade Fire. Deshalb kann sie schon mal „die Diva raushängen lassen“. So geschehen bei einem Auftritt von Arcade Fire in der Berliner Zitadelle Mitte August 2018. Da stand Leadsänger Win Butler auf der Bühne, gab nichts ahnend einen der vielen schönen Songs aus der wunderbaren neuen Platte „Everything Now“ zum Besten, als sich ein Fan aus der ersten Reihe tatsächlich erdreistete, ein Foto von seinem Auftritt zu machen. Die Ermahnung des lässig in Blue Jeans und roten Schuhen gekleideten Musikers kam prompt, wie das Musikmagazin Rolling Stone feststellte. Der Fan möge doch bitte sein Handy wieder einstecken, denn Butler wolle schlicht und einfach nicht gefilmt werden.
Mit „Everything Now“ durch die Welt
Ansonsten ging das Konzert in Berlin, das zweite übrigens innerhalb eines Jahres, reibungslos über die Bühne. Zwar wirkten die Musiker um Butler hier und da etwas eingerostet, wie dies auch der Tageszeitung Die Welt nicht entgangen ist. Dennoch haben die Bandmitglieder, darunter neben Butler auch seine Frau Régine Chassagne, einmal mehr bewiesen, dass sie zu den besten Live-Musikerinnen und -Musikern der Welt gehören. Der Schwerpunkt des Konzerts lag selbstverständlich auf den Songs des aktuellen fünften Albums. Schließlich ist der Berliner Gig Teil der „Everything Now“-Welttour. Doch auch ältere Songs, darunter einige aus dem gefeierten Debütalbum „Funeral“ und der dritten Platte „The Suburbs“, wurden intoniert. Die Fans verdankten dies.
Vor allem dürfte Arcade Fire mit dem Berliner Konzert auch so manchen der deutschen Kritiker ihrer aktuellen Platte versöhnt haben. Denn „Everything Now“ ist, anders als manch früheres Album der Band, nicht unumstritten. Während einige die Band für ihren Mut zu eingängigem Mainstream-Rock loben, gehen andere mit ihr angesichts einiger musikalischer Anleihen, die diesmal von Elektropop bis zum Abba-Kitsch reichen, deutlich härter ins Gericht. Dem Erfolg konnten die kritischen Stimmen jedoch nicht schaden. Die ebenso vielgestaltige wie vielschichtige Platte „Everything Now“ landete nicht nur in der kanadischen Heimat von Arcade Fire an der Spitze der Musikcharts. Auch in den USA und in Großbritannien war sie ein Bestseller. In Deutschland und in Österreich kam sie bis auf Platz fünf bzw. vier der Charts.
Was kommt nun?
Mit dem Auftritt in der deutschen Hauptstadt ging die mehr als einjährige Welttour zu „Everything Now“ zu Ende. Was kommt nun? Sicher brauchen die Bandmitglieder nach den Strapazen der unzähligen Gigs eine Auszeit, bevor sie sich vielleicht ans Komponieren und Aufnehmen des sechsten Albums machen. Bis dieses allerdings erscheint, werden voraussichtlich drei Jahre vergehen. Dies ist nämlich der durchschnittliche zeitliche Abstand, den sich die kanadischen Musikerinnen und Musiker zwischen den jeweiligen Veröffentlichungen ihrer Platten gönnen – sieht man von „Everything Now“ ab, das vier Jahre nach „Reflektor“ veröffentlicht wurde. Bis dahin dürfen nicht nur die Fans gespannt sein, in welche Stilrichtung sich Arcade Fire mit dem neuen Werk bewegen wird.